Valencia begrüßt den Frühling mit Feuer und Flamme
Die Fallas zum Mitfeiern
Jedes Jahr im März begrüßt Valencia den Frühling. Die Straßen sind tagelang für Autos gesperrt. Prozessionen, Stierkämpfe und Paellakochwettbewerbe zählen ebenso zum Programm wie ohrenbetäubende Böllersinfonien, Riesenfeuerwerke und Freudenfeuer. Vom Kleinkind bis zum Opa fiebern alle mit. Ein einmaliges spanisches Fest, aber gegen Lärm, Gedränge, Rauchschwaden und intensive Gerüche sollten Besucher immun sein. Highlights sind die Feuerwerke der vorletzten Nacht und das große Finale am letzten Festtag.
„Die Fallas sind genauso beliebt und bekannt wie das Oktoberfest“, sagt Juan Llantada vom regionalen Tourismusamt der Comunitat Valenciana. Eher entsteht der Verdacht, in Valencia gebe es mehr Pyromanen als irgendwo sonst auf der Welt. Der Bierkonsum indessen ist vergleichsweise gering. Die Mitarbeiter der Tourismusämter von Region und Stadt schleusen in diesen Tagen rund 80 internationale Journalisten durch das Ereignis.
Das Wort Falla geht auf das lateinische „facula“ für Fackel zurück. Valencias Zimmermänner zündeten traditionell am 19. März, dem Tag des heiligen Josef, die Gestelle ihrer Öllampen an. Sie brauchten sie nicht mehr, denn zum Arbeiten war es wieder hell genug. Erst später kamen sie auf die Idee, groteske Figuren aus Stroh, Holz und Lumpen zu bauen. Im 18. Jh. verbreitete sich der Brauch über ihr Viertel del Carmen hinaus. Bald erinnerten die Figurengruppen (Fallas) an unsere Karnevalswagen.
Heute kann man in Valencia und Umgebung rund 700 kuriose und oft auch gesellschaftskritische Fallas bewundern: Große Figurengruppen für Erwachsene und – meist direkt daneben – kleine für Kinder. Zum Abschluss des Festes gehen sie in haushohen Feuern auf und es fließt so manche Träne der Rührung. Die schönste Figur wird vor dem Feuertod gerettet. Welche das ist, bestimmt die Falla-Kommission. Die prämierten Figuren kann man das ganze Jahr über im Falla-Museum (Museo Fallero) bewundern.
Böllerkonzerte und Figurenwettbewerbe
In der Nit de Foc (Nacht der Feuer) versammelt sich die schlaflose Stadt in dem ausgetrockneten Flussbett des Turia zu einer explosiven Farben-, Licht- und Soundshow. Sie stimmt nachts zwischen 1:30 und 2 Uhr auf den letzten Festtag ein. Und den beginnt man am besten erst kurz vor 14 Uhr auf dem Rathausplatz, mit einer Kostprobe der Kunst der valencianischen Pyrotechniker bei einer Mascletà (Böllerkonzert). Schon eine Stunde vor 14 Uhr warten die Menschen dicht gedrängt. Es wird laut werden, warnt Juan: „Damit der Lärm entweicht, einfach ab und zu den Mund aufmachen. Das schont das Trommelfell“.
Die Sonne knallt und dann entlädt sich die kilometerlange Böllerschnur, rhythmisch und ohrenbetäubend. Der Platz hüllt sich in dunklen Rauch. Die Masclets (Böller) zerplatzen in der Luft. Es blitzt Gelb, Rot und Orange, als schwirrten Tausende Glühwürmchen herum. Das fulminante Knallerkonzert bringt Magenwand und Trommelfell zum Vibrieren. Da bleibt einem fast automatisch der Mund offen stehen. Die Zuschauer stampfen und klatschen zum Finale. Zehn Minuten und das war´s. Plötzlich Ruhe, der Himmel hellt sich wieder auf. Die Menschenmenge zerstreut sich. Nun wird es Zeit, noch einmal die Fallas in der ganzen Stadt zu bewundern.
Früher bauten die Valencianos ihre Figuren noch selbst. Heute beauftragt das Falla-Komitee professionelle Falla-Künstler. Gemeinsam mit Handwerkern fertigen sie Modelle. Jede einzelne Figur wird aus einer Form gegossen, zusammengeklebt und nach dem Trocknen mit Acrylfarben bemalt. Monatelang wird gestaltet, gefeilt, geformt, poliert. Das Komitee fachsimpelt und überlegt hin- und her: Ist die satirische Botschaft klar? Ist das Holzgerüst, das die Komposition tragen soll, groß genug? Stimmen Beleuchtung und Statik? Die Figurengruppe darf nicht zur Seite kippen, sondern muss auch bei starkem Wind in sich zusammenfallen, wenn sie verbrannt wird. Eine Wissenschaft für sich. Das Material sollte das leicht zu heben und schnell brennbar sein. Das ist größtenteils Männersache und bis zum Fest alles streng geheim.
Blumen für die Schutzpatronin der Stadt und Freudenfeuer
Das Fest hat auch einen religiösen Teil, die traditionelle Blumengabe an die Virgen de los Desamparados, die Schutzpatronin der Stadt. „Ein Drittel der Bewohner nehmen an dieser Prozession teil, das sind über 100 000 Menschen,“ sagt Juan. Ununterbrochen defilieren Paare, Familien, Jungen und Mädchen in prächtigen Trachten an der 15 m hohen Virgen vorbei. Sie übergeben, oft tränenüberströmt und gefühlsbewegt, rote und weiße Nelkensträuße an Männer, die sie weiterreichen. Das Blumenkleid der Virgen bedeckt schon zur Hälfte das Holzgestell. In drei Etagen stehen Vestidores (Ankleider) übereinander auf den Stufen des Gerüsts. Wie am Fließband wandern die Blumen von Hand zu Hand. Flink stecken die Männer sie fest.
Juan betrachtet versonnen die Blumenübergabe und die Jungfrau. Betet er? „Wir bitten um Gesundheit und Glück und denken dabei auch an das vergangene Jahr“, erklärt er. Zwei ganze Tage dauert es, bis alle Prozessionsteilnehmer vorbeidefiliert sind. Zuletzt steckt die diesjährige Falla-Königin eine Blume an das Kleid der Schutzpatronin. Tausende Blumengaben bleiben übrig. Die Valencianos, die ihre Jungfrau an den Tagen nach dem Fest besuchen, dürfen sie mit nach Hause nehmen.
Die Frauen sehen wie Prinzessinnen aus, in ihren farbenfrohen Kostümen aus Seide und Damast. Ihr Zopf ist hinten und über den Ohren zu eleganten Schnecken aufgerollt. Unter dem weiten Rock des Überkleids mit Schürze, Schärpe und Korsett stecken mehrere Unterröcke und Leinenunterwäsche. Alles stammt aus Spezialschneidereien, die ihre Existenz seit eh und je den Fallas verdanken. Verwendet man Gold, Silber und nur echte Kleiderstoffe, kostet ein solches Gewand schnell zwischen 2500 und 15 000 Euro. Der Preis hängt von der Qualität des Materials ab und natürlich auch von der Menge des Stoffs: Bei Erwachsenen rechnet man 10 m pro Kostüm.
Um 18 Uhr beginnt am letzten Festtag die Cabalgata del Foc. An der Straße Colón laufen Drachenmenschen und Jongleure an den Zuschauern vorbei. Es zischt und knallt. Wieder sprühen bunte Feuerwerkfunken gen Himmel. Parallel startet eine Parade der Mauren und Christen. Pferde, Kamele, Tänzerinnen und streitbare Krieger mit schwarz bemalten Gesichtern defilieren etwa drei Stunden lang. Artistisch dressierte Pferde gehen kokett vor den hübschen Falleras in den Zuschauerreihen in die Knie.
Schlussakt: Um 23 Uhr lodern die Kinder-Fallas in Flammen. Um 24 Uhr brennen die Fallas in ganz Valencia und um 1 Uhr wird die Schnur an der von der Stadt gestifteten Falla auf dem Rathausplatz gezündet. Stunden höchster Konzentration und Wachsamkeit für Valencias versierte Feuerwehr. Nur wenige Meter von den Häusern entfernt, schlagen die Flammen hoch, Knallkörper explodieren.
Der feurige Abschluss des Festes ist für die Zuschauer überwältigend und für Valencias Feuerwehr eine echte Feuerprobe. Schützend bespritzen Uniformierte die Palmen und die Häuser mit Wasser. In Sekundenschnelle verwandeln sich Tonnen Material und Millionen Euro in Feuer. Es regnet Funken, die Menge weicht zurück. Brennt gleich die ganze Stadt? Sieh mal, dieser Himmel! Dramatisch schöne Momente. Ob bei der Cremà (Verbrennung der Fallas) wirklich alles glimpflich abgelaufen ist, steht erst in der Zeitung vom Folgetag.
Petra Sparrer
Praktische Infos zu Fallas de Valencia
Spanisches Fremdenverkehrsamt
Kurfürstendamm 180, D-10707 Berlin, Tel. +49 30/8826936, Fax +49 30/8826661, mailto:berlin@tourspain.es
Myliusstr. 14, D-60323 Frankfurt/Main, Tel. +49 69/725038, Fax +49 69/725313, mailto:frankfurt@tourspain.es
Schubertstr. 10, D-80336 München, Tel. +49 89/5307460, Fax +49 89/5328680, mailto:munich@tourspain.es
Österreich:
Walfischgasse 8, A-1010 Wien 1, Tel. +43 1/5129580, +43 1 5129581, mailto:viena@tourspain.es
Schweiz:
Seefeldstr. 19, CH-8008 Zürich, Tel. +41 1/2527930, +41 1/2526204, mailto:zurich@tourspain.es
Museo Fallero
Plaza Monteolivete 4
46006 Valencia,
geöffnet: Di-Sa, 10-14, 16.30-20 Uhr
Museo del Gremio de Artistas Falleros
Avda. San José Artesano, 17
46025 Valencia
geöffnet: Mo-Sa 10-14 und 16-19 Uhr
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