Irlands Westküste - Halbinsel Loop Head

Anzeige

Irland / Westküste

Blendende Aussichten: Halbinsel Loop Head

Ein Ozean, ein Fluss, dazwischen ein Stück Land wie aus dem Bilderbuch – das ist die Halbinsel Loop Head in Irlands wildem Westen.

Auf sagenhaften 2500 Kilometern folgt der legendäre Wild Atlantic Way der zerfledderten Küstenlinie im westlichen Irland und bedient die Sehnsüchte der Reisenden nach Abenteuer und Romantik gleichermaßen. Von der Halbinsel Inishowen hoch im Norden bis ins südliche Kinsale durchstreift die Route als eine der längsten ausgeschilderten Küstenstraßen der Welt mehrere Grafschaften und präsentiert auf ihrem Weg sehenswerte Orte neben einem Kaleidoskop aufsehenerregender Landschaften  – solche, die ebenso berühmt wie vielbesucht sind, aber auch jene, die fast noch als Geheimtipp durchgehen. So wie die Halbinsel Loop Head als äußerster Zipfel des County Clare, die sich wie ein Finger zwischen die aufgewühlten Wasser des Atlantiks und die sanfteren der Shannon-Mündung streckt. Ein wundervoller Fleck Erde zwischen Meer und Fluss.

Am Fuß der Loop Head Peninsula sitzt mit Kilkee ein kleiner unscheinbarer, aber durchaus umtriebiger Badeort, den es zur Wende vom 18. ins 19. Jahrhundert noch gar nicht gab. „Damals war hier nichts als Sand“, erzählt der Einheimische Martin Haugh. Erst 1801 habe ein 40 Jahre währender Bauboom eingesetzt, ausgelöst durch die vielen Besucher, die die Seeluft wie das Salzwasser liebten und sich von beiden Linderung diverser Malaisen erhofften. Kilkees Häuser legen sich wie ein Rahmen um die über einen Kilometer lange hufeisenförmige Bucht, deren scheinbar endloser Strand sich im Takt der Gezeiten verkleinert und wieder wächst. Gut geschützt vor den Launen der See durch die Duggerna Rocks, ein Felsenriff am Westende der Horseshoe Bay.

Die Begeisterung der Iren für Kilkee besteht nach wie vor, und gerade zur Urlaubssaison wird es schnell mal voll. Der weite Strand wirkt wie ein Magnet, und auch das recht kalte Wasser schreckt keinen ab. Wer da nicht sein Handtuch auf dem hellen Sand platziert, pilgert auf der Küstenstraße rund um die Bucht bis zum Diamond Rocks Café, wo an einem Parkplatz auch die Fahrt für diejenigen endet, die mit dem Auto gekommen sind.

Unterhalb des Ausflugslokals breitet sich die felsige Ödnis des Duggerna Riffs aus, über Ewigkeiten bearbeitet vom Ozean, dessen rohe Kräfte hier Kilkees berühmte Pollock Holes entstehen ließen: drei natürliche Meeresbecken, ein bis zweieinhalb Meter tief, die die Flut regelmäßig mit Frischwasser versorgt. Wenn sich bei Ebbe das Meer zurückzieht, ragen die Steinplatten des Riffs wie die narbige Haut eines Wals aus der See und bieten Ausflüglern wie Urlaubern – den Gezeitenwechsel stets im Blick – die Bühne zum Sonnen und Flanieren. Im klaren Wasser der von Stein umschlossenen Pools wird derweil gebadet und geschnorchelt. Für Klein und Groß ein Riesenspaß.

Auch für die Wanderfraktion ist das Diamond Rocks Café wichtige Anlaufstelle. Hier beginnt der Kilkee Cliff Walk, ein herrlicher Spazierweg, der dicht zur Abbruchkante des Steilufers durch üppig grüne Wiesen führt – vor sich einen einmaligen Aussichtspunkt. Aber bis dahin klettert der Pfad eine ganze Weile bergan. Das Lärmen der Leute unten auf dem Riff hat sich längst im Raunen des Windes verloren, dafür haben sich dem Auge mit jedem Meter neue Perspektiven eröffnet: auf die senkrecht aufragenden Klippen in dunstiger Ferne ebenso wie auf die bizarren Felswände, die sich direkt vor uns steil nach unten in die Fluten stürzen.

Mit welcher Perfektion die Natur diese Landschaft geschaffen hat! Fast schon mit Bedauern registrieren wir da die friedvolle Stimmung dieses Schönwettertags und wünschen uns etwas mehr Drama – dass der Wind übellaunig schwarze, regenschwangere Wolken über einen niedrigen Himmel schieben und das Meer schäumend vor Wut ans Ufer krachen möge. Doch alles ist still. In sattem Blau liegt der Atlantik da. Zieht sich harmlos tuend bis zum Horizont, denn da ist kein Land, nichts mehr, was ihn bremst. Nur ungern trennt man sich von diesem wundervollen Ort und kehrt zurück nach Kilkee, wo einen in Hickie’s Bar oder anderswo immerhin ein gutes Essen und ein Pint Guinness für die Mühen der Wanderung belohnen.

Ein neuer Tag. Wieder ein wolkenloser Himmel. Und wieder ist Kilkee Ausgangspunkt für eine spannende Tour, die dieses Mal rund um die Halbinsel führen soll. Etwa 65 Kilometer liegen da vor Autofahrern und Radlern, die die Panoramaroute des Loop Head Drive an all die Orte bringt, wo man schwimmen, fischen, tauchen und Kajak fahren, Delfine und Vögel beobachten, irische Geschichte erleben und frische Meeresfrüchte in kleinen Fischerdörfern genießen, die Nase in den Wind halten, die salzige Luft auf der Zunge schmecken und jede Menge Klippen gucken kann. Bei all dem kocht der Tourismus auf kleiner Flamme. Gelegen zwischen den großen Sehenswürdigkeiten der Westküste, den Cliffs of Moher und dem Ring of Kerry, scheint die Loop Head Peninsula irgendwie vergessen worden zu sein. „It’s like a secret“, meint Wanderführer Martin Haugh, der es wissen muss. Und sie ist – ungeeignet für Busse und ohne große Hotels – wirklich noch ein geheimer Schatz. Es ist das Glück der kleinen Dinge, das die Halbinsel so besonders macht.

Mit diesem Wissen fahren wir von Kilkee über Lisdeen nach Querrin, von wo uns der Loop Head Drive parallel zum Mündungstrichter des Shannon ganz gemach nach Westen bringt. Doch erst kurz vor Carrigaholt geht die Straße auf Tuchfühlung mit Irlands längstem Fluss, rückt ganz dicht ans Wasser und schenkt uns malerische Bilder seiner Ufer. Der Ort selbst klein und unaufgeregt. Ein nahezu verwaistes Hafenbecken, ein Strand, wenige Lokale, die Post. Mehr ist auf den ersten Blick nicht auszumachen. Nichts Außergewöhnliches, gäbe es da nicht das Carrigaholt Castle, eines von Irlands vielen Turmhäusern, gebaut im 15. Jahrhundert an diesem strategisch bedeutsamen Platz über dem Fluss und Spiegel der turbulenten Geschichte zweier Familien. Inzwischen liegt Stille über der verlassenen Ruine, in deren Mauerritzen das Unkraut sprießt und Schwalben ihren Nachwuchs füttern.

Auf Carrigaholt folgt Kilbaha, wo man in Keating’s Bar unbedingt das Eis probieren und in der Galerie von Ailish Connolly regionale Kunst bewundern sollte. Von hier ist es schließlich ein Katzensprung zur Spitze der Halbinsel, über die ein weißer Leuchtturm einsam wacht. Längst automatisiert, beherrscht das 23 Meter hohe, von Mauern und Nebengebäuden umschlossene Loop Head Lighthouse schon seit vielen Jahren dieses filmreife Ende der Welt – die windumtoste, von rosa Grasnelken betupfte Hochfläche über dem Wasser in halsbrecherischer Tiefe, wo sich der Shannon endlich mit dem Atlantik vereint.

Die Landschaft am Leuchtturm von Loop Head ist spektakulär, und sie bleibt es auch, wenn der Loop Head Drive den Rückweg auf der Atlantikseite über ein schmales Sträßlein zwischen Wiesen und Steinmauern antritt und den nächsten Halt erreicht: die Bridges of Ross. Als perfekter Posten zur Vogelbeobachtung spannt sich an diesem Küstenabschnitt eine letzte von einst drei Felsbrücken übers Wasser, entstanden durch Wetter und Wellen, die dieses Wunderwerk in zäher Arbeit aus dem Stein gemeißelt haben.

Für eine Weile verlässt die Panoramastraße nun den Dunstkreis der See und zeigt uns die Mitte der Halbinsel. Ein Mosaik aus Feldern und Weiden. Bauernhöfe zwischen grünen Hügeln. Dazu Kühe und nochmal Kühe. Erst kurz hinter Cross geht’s wieder Richtung Meer. Auf den letzten Kilometern vor Kilkee gibt der Loop Head Drive dabei nochmal alles. Der Asphalt schlängelt sich ruhig und schmal durch das Land der Farmer und kommt dem Steilufer oft erschreckend nah. Die Ausblicke auf Klippen und Felsen sind überirdisch schön. Die Abendsonne badet den Stein in Licht, bringt das Gras zum Leuchten und verwandelt den Atlantik in einen glitzernden Spiegel. Besser geht Irland nicht!

Text und Fotos: Sabine Mattern

Informationen

Anreise
z.B. Flug nach Shannon und weiter per Mietwagen (77 km bis Kilkee) oder alternativ nach Dublin (rund 300 km von Kilkee)

Unterkunft
Stella Maris Hotel: charmantes, familiengeführtes Haus im Zentrum von Kilkee, nur ein paar Schritte vom Strand entfernt. www.stellamarishotel.com

Direkt gegenüber das Bay View Hotel, eine komfortable Wohlfühladresse mit persönlichem Service. www.bayviewkilkee.com

Essen und Trinken
Hickie’s Bar: Gemütlich unter Einheimischen sitzt man in der stylischen Bar des Bay View Hotels und genießt die gute Küche. Reservierung nötig! www.bayviewkilkee.com

Geführte Wandertouren
Martin Haugh begleitet Touristen auf Wanderungen, bringt sie zu verborgenen Badeplätzen und organisiert Gourmetpicknicks auf der Loop Head Halbinsel. Tel. 086 8260987, martin@loopheadwalkingtours.ie

Loop Head Lighthouse
Im Sommerhalbjahr für Führungen geöffnet. Zeiten unter www.loopheadlighthouse.ie

Weitere Informationen
www.loveloophead.com
www.ireland.com
www.discoverireland.ie

Anzeige
Anzeige