Provence – Der Duft des Südens
Nur ein paar wenige Kilometer trennen die Dorfidylle Simiane-la-Rotondes von der ländlichen Einsamkeit, in der die Familie Pradier ihren Hof betreibt. Le Jas de Melchior, so sein Name, fügt sich still und unbemerkt in die wilde Natur der Hochprovence, in der Mittelmeer und Seealpen gleichermaßen ihren Einfluss geltend machen. Eliane und Pierre Pradier teilen ihren Alltag mit 300 Rove-Ziegen, einer Art, deren Milch die Basis für einen exzellenten Käse bildet.
Zum Käsekauf nach Banon
Gemolken wird jeden Morgen, egal ob die Tiere auf dem Hof sind oder, wie immer im Sommer, Urlaub in den Bergen machen, wo das Gras saftiger ist. „Der Ertrag, täglich ein Liter Milch pro Ziege, ist nicht eben viel“, so Eliane. „Dafür stimmt die Qualität.“ Was man am Endprodukt, das gleich vor Ort gefertigt wird, schmecken kann. Folglich überrascht es nicht, dass der Rohmilchkäse vom Jas de Melchior an gute Restaurants sogar im Ausland geht. Aber auch im nahen Banon haben die Köstlichkeiten einen dankbaren Abnehmer gefunden. Dort residiert an der Place de la République unauffällig inmitten seiner Nachbarschaft ein alteingesessenes Feinkostgeschäft, in dem Monsieur Melchio neben den Erzeugnissen der Pradiers eine große Auswahl des echten „Banon de Banon“ verkauft, einer frankreichweiten Käseprominenz, zum Reifen in Kastanienblätter gewickelt und mit Bast verschnürt. Von der Decke des Ladens baumeln indes lange Würste, die Brindilles, und ziehen die Kundschaft ebenso magisch an wie die namhafte Buchhandlung „Le Bleuet“ eine Ecke weiter.
In diesem unteren Bereich des Ortes beweist eine Riege Restaurants und Cafés, dass man sich auf Touristen eingerichtet hat, wobei die Zahl der Fremden überschaubar bleibt und sich in der höher gelegenen Altstadt weiter dezimiert. Deren Häuser bilden mit steilen Fassaden eine Art Mauerring, der einen unvermittelt an eine Festung denken lässt. Im Haus neben der Epicerie-Charcuterie Melchio entlässt ein Portal Fußgänger in diesen Jahrhunderte alten Teil Banons, dessen enge Straßen bis zur Bergkuppe führen, auf der eine Kirche über die tausend Einwohner und das hügelige Grün der Umgebung wacht.
Typisch Provence
Im Gegensatz zu den menschenarmen Höhen der Haute-Provence, in der zur Blütezeit Lavendel die Landschaft lila färbt, geht es in anderen Gegenden des französischen Südostens sichtlich betriebsamer zu. Urbane wie dörfliche Kulturziele locken Touristen an – eingebettet in eine Landschaft, die es in verschwenderischer Vielfalt versteht, Sehnsüchte zu wecken. Zwischen Berg und Meer wachsen Wein und Olivenbäume, Kräuter, die die Luft mit ihren Aromen schwängern, und Gemüse, das sich nach der Ernte auf den Ständen der Märkte türmt. Den Rest erledigt die Sonne, die die Welt mit dem unverwechselbaren Licht der Provence überzieht.
Unsere Reise führt vom Département Alpes-de-Haute-Provence in die Vaucluse, die vielen als Idealbild der Provence erscheint. Eine Region, wo die Römer großartige Theater und die Päpste einen prachtvollen Palast bauten. Und wo gleich sieben Orte das kulturtouristische Siegel „Die schönsten Dörfer Frankreichs“ tragen. Dörfer wie Gordes oder Ménerbes, die ebenso malerisch wie überlaufen sind.
Umflossen von Wein
Deutlich ruhiger kommt da Séguret daher. Die sandsteinfarbenen Wände und blassroten Dächer seiner Häuser schmiegen sich an die Flanke eines felsigen Berges, der in Gesellschaft anderer Erhebungen die Landschaft formt. Über die Rue de Poternes gelangt man in das alte Dorf, in dem viele Künstler ihre Heimat haben. Zwischen Rosenranken und blühenden Oleanderbüschen eilen kopfsteingepflasterte Gassen in die Höhe, wo Saint-Denis, ein Kirchlein aus dem 10. Jahrhundert, thront und Gelegenheit für einen Blick nach unten in die Ebene bietet – in der kleine Dörfer, verstreute Gehöfte und ein Meer aus dick belaubten Rebstöcken das Land bedecken.
Zu Füßen Ségurets liegt wie ein Garten Eden inmitten des Weinlands die Domaine de Cabasse. Ein ruhiges Weingut, dem es nicht schwerfällt, Besuchern mit seinem kleinen Hotel samt Restaurant das Dableiben schmackhaft zu machen. Wenn es Abend wird, zieht es die Gäste unweigerlich auf die gekieste Terrasse vor dem Haus, wo man noch im Schatten der Bäume oder bereits im Licht der Laternen zum lautstarken Konzert der Grillen dem „savoir vivre“ nachspürt. Im Glas einen Côtes du Rhône, wie er auf den 15 Hektar messenden Rebflächen der Domaine gedeiht, und auf dem Teller vielleicht Lammnüsschen mit Kräutern der Garrigue, gefolgt von Aprikosen mit Lavendel auf Sandkuchen, oder andere Köstlichkeiten à la Provence.
Informationen
Lage
Die Provence liegt im Südosten von Frankreich – zwischen Hautes-Alpes, Rhonetal, Mittelmeer und Italien. Die Gemeinde Banon gehört zum Département Alpes-de-Haute-Provence, Séguret zum Département Vaucluse.
Reisezeit
Frühling und Herbst sind ideal für Entdeckungstouren. Im Sommer (Juli, August) blüht der Lavendel.
Unterkunft
„La Parenthèse“: komfortable Privatunterkunft bei nettem Gastgeberpaar in Banon.
„Domaine de Cabasse“: Das Weingut und Drei-Sterne-Hotel liegt am Fuße Ségurets, es verfügt über Restaurant und 21 Gästezimmer.
Wein
Kosten und kaufen u.a. bei „Les Vignerons de Roaix Séguret“ in Séguret
Infos
www.provenceguide.com
www.tourisme-alpes-haute-provence.com
www.tourismepaca.fr
Text und Fotos: Sabine Mattern
Alle Angaben wurden von der Autorin nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt und von der Redaktion von Hayit Medien und Fernweh.de überprüft. Allerdings kann keine Gewähr oder Haftung für einen etwaigen Schaden übernommen werden.
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