Elsässer Weinstraße: Ein Gläschen in Ehren im östlichen Frankreich

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Elsässer Weinstraße

Ein Gläschen in Ehren in Frankreichs Osten

Savoir vivre im französischen Osten: Auf vielen genussreichen Kilometern bringt die Elsässer Weinstraße Natur- und Kulturliebhaber von einem Höhepunkt zum nächsten – wandernd, radelnd oder mit dem Auto.

Die Bilder eines Films, der ein elsässisches Weinbaujahr in zehn Minuten resümiert, spenden das einzige Licht in dem ansonsten finsteren Raum, dessen Luft nach Kälte und Feuchtigkeit riecht. Zur spannenden Lehrstunde schwenken die Gäste im Maison Zeyssolff einen perlenden Crémant im Glas. „Um die Geschmacksnerven zu öffnen“, wie Marthe verrät, die die Führung durchs unterirdische Dunkel macht, „und um auf das vorzubereiten, was noch kommt.“ Und das sind weitere, meist weiße Weine, die die Winzerfamilie Zeyssolff rund um die Gemeinde Gertwiller auf zehn Hektar überwiegend in Handarbeit anbaut – kredenzt bei einer ungewöhnlichen Weinprobe im historischen Fasskeller nebenan, wo uns eine für Frankreich einzigartige Videoreise in elf Generationen währende Familiengeheimnisse entführt. In 180-Grad-Optik auf über hundert Jahre alte Eichenfässer projiziert.

So wie bei Yvan und Céline Zeyssolff werden auch anderswo im Elsass das Erbe der Väter bewahrt und die Traditionen einer langen Weinbaugeschichte fortgeführt, werden mit mühsamer Arbeit und viel Leidenschaft in einem der kleinsten Weinbaugebiete Frankreichs finessenreiche Weine mit kontrollierter Herkunftsbezeichnung erzeugt. Zwischen Marlenheim und Thann folgt das schmale Band der Rebflächen – als Mosaik verschiedener Böden wie Klimata und bepflanzt mit Pinot Blanc, Pinot Gris, Pinot Noir, mit Riesling, Silvaner, Muscat und Gewürztraminer – der östlichen Flanke der Vogesen, gut geschützt vor Wind und Wetter.

Auf seiner gesamten Länge begleitet bereits seit 1953 die Elsässer Weinstraße das Weinbaugebiet im französischen Osten. Schlängelt sich windungsreich auf 170 Kilometern durch ein Meer aus Reben, klettert teils steile Berghänge weit hinauf und wieder hinab in die Ebene und zeigt uns dabei zwischen Obstgärten, Feldern und Wäldern wechselnde Naturbilder. Über 700 Winzer öffnen unterwegs ihre Keller für Besucher und animieren zum Probieren, Weinpfade machen Wanderlaune und schaffen Wissen. Als Leckerbissen fürs Auge thronen verwunschene Burgen hoch über der Landschaft, während eine lange Abfolge an traditionellen Dörfern und befestigten Städten die umfangreiche Liste an Kulturschönheiten auf der Strecke komplettiert.

Kein Urlaub wird ausreichen, um alles zu sehen und zu erleben, was die Touristenroute zu bieten hat. Ort reiht sich an Ort, darunter kleinere wie größere, stille wie geschäftige. Was die Wahl kaum erleichtern dürfte. Offiziell zu den „schönsten Dörfern Frankreichs“ zählt dabei Mittelbergheim: ein verträumter Weinort nicht weit von Gertwiller, mit wenigen Einwohnern und umschlungen von Rebstöcken auf dem Rücken eines Berges. Der touristische Andrang hält sich in Grenzen, nichts lenkt ab von der Ursprünglichkeit jenes Dorfs, das sich den Charakter vergangener Zeiten bewahrt hat. Keine farbenprächtigen Häuser, wie man sie aus dem Südelsass kennt, säumen die Straßen. Alles wirkt braun und erdig. Ein Ort in Sepia. Prachtvolle Fassaden aus der Renaissance neben einfachem Fachwerk, Torbögen, die in romantische Höfe führen. Und genügend Angebote, die Berühmtheit Mittelbergheims zu verkosten: einen Silvaner Grand Cru.

Epfig ist unser nächster Halt auf dem Weg Richtung Süden, genauer gesagt eine ruhige Straße abseits vom Zentrum, wo sich hinter hohen Eiben, die zylinderförmigen Köpfe akkurat frisiert, eine elsässische Rarität verbirgt: die Chapelle Sainte-Marguerite – ein romanisches Kirchlein mit kreuzförmigem Grundriss, dessen älteste Teile aufs 11. Jahrhundert datieren, ein vergessen wirkender Bau mit duftendem Garten, mit vermoostem Dach und gruseligem Beinhaus, in dem sich die blanken Schädel wie Kaminholz stapeln.

Keine meditative Ruhe, sondern touristische Betriebsamkeit versprechen dagegen die eigentlichen Perlen der Weinstraße: Städtchen wie Riquewihr, Kaysersberg oder Eguisheim. Und natürlich Ribeauvillé, aus bewaldeten Höhen bewacht von den Resten eines Burgentrios, das vor langen Jahren zum Besitz der Herren von Ribeaupierre gehörte. „Es gibt eine wichtige Straße durch Ribeauvillé“, so Guide Sébastien Saur, „die Grand’ Rue“. Eine endlos scheinende Hauptroute, die an ihren Rändern etliche Schätze aus der Zeit des 13. bis 18. Jahrhunderts versammelt: das Pfifferhüss als Zunfthaus der Pfeiffer, der fahrenden Spielleute, die Katharinenkapelle, Grablege der Ribeaupierres, das Rathaus oder den 29 Meter hohen Metzgerturm, der einmal Alt- und Neustadt trennte. Dazwischen all die Bilder, wie sie elsässische Postkartenmotive versprechen: uriges Fachwerk und in Geranienblüten ertrinkende Fensterbänke. Hinter den alten Mauern Weinstuben, Souvenirläden und Geschäfte, in denen man sich als kulinarische Mitbringsel zwischen Sauerkraut im Weckglas, Mirabellenschnaps, Münsterkäse oder Gänseleberpastete entscheiden muss.

Längst ist nicht das Ende der Route des Vins d’Alsace erreicht, wenn Colmar unseren Weg kreuzt. Hier muss man einfach Station machen, um all seine Attraktionen „abzuklappern“: das Musée Unterlinden mit dem Isenheimer Altar, das ehemalige Viertel der Gerber oder Klein Venedig, die pittoreske Gegend am Fluss Lauch, die man an Bord jener Flachboote entdecken kann, auf denen die Gemüsehändler früher ihre Ware zur Markthalle brachten. Und natürlich muss man im Zentrum des elsässischen Weinbaus ein Glas trinken. Oder auch zwei. In Gesellschaft von Flammkuchen und weiteren Spezialitäten der Elsässer Küche.

Text und Fotos: Sabine Mattern

Informationen

Übernachten
Hôtel Val-Vignes, Saint-Hippolyte: ruhiges Wohnen in einstigem Kloster in den Weinbergen über dem Ort. www.valvignes.com/de

Ibis Styles Colmar Centre: Designhotel an der Place Rapp, zentrales Domizil in einer alten Mälzerei. www.ibis.com

Essen und Trinken
Restaurant Hupsa Pfannala, Saint-Hippolyte: neben den Pfannengerichten mit Kartoffeln und regionalem Käse typisch elsässische Küche in urigem Ambiente. www.hupsapfannala.com

Maison Zeyssolff
Besuch von Keller mit Weinprobe (auf Französisch oder Englisch), Dauer 90 Minuten, Reservierung empfohlen; Preise und Infos unter www.zeyssolff.com

Château du Haut-Kœnigsbourg
Sehenswert: die mittelalterliche Hohkönigsburg bei Orschwiller. www.haut-koenigsbourg.fr/de

Weitere Infos
www.weinstrasse.alsace
www.visit.alsace/de

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