Bern: Bären, Brunnen, Berner Rösti
Björk steht der Sinn gerade mehr nach einem Schläfchen. Soll sich doch Bärenpapa Finn um den Nachwuchs kümmern. Und der macht das gern, planscht wie so oft mit Klein Ursina im Wasser eines Beckens, das zum Unterhaltungsinterieur des 6000 Quadratmeter großen Bärenparks mitten in der Schweizer Hauptstadt zählt. Berns pelzige Wappentiere locken Einheimische wie Touristen in Scharen ans östliche Ende der Nydeggbrücke, nur durch das dunkle Grün der Aare von der Altstadt getrennt, deren Gassen und Plätze sich wie ein Stein gewordener Traum in die schützende Flussschleife fügen.
Dem Bärenpark vis à vis liegt quasi das „Ende“ des historischen Stadtkerns. Seinen Anfang markiert etliche Straßenzüge weiter der Bahnhof, dessen Vorplatz das gewagte Konstrukt eines Baldachins, bestehend aus 528 Glasplatten und 230 Tonnen Stahl, überdacht – als letzte Visitenkarte des modernen Bern, bevor es über die Spitalgasse in die von der Unesco als Welterbe gelistete Altstadt geht.
Einkaufspromenade der Superlative
Ein ordentliches Geflecht paralleler und sich kreuzender Straßen zergliedert die von der Aare umflossene Altstadthalbinsel – eng besetzt mit schönen Sandsteinbauten in grün-grauer Tönung, deren Architektur von Gotik bis Historismus einen Querschnitt durch die Jahrhunderte zeichnet, wobei sich die Dächerlandschaft als einheitliches Ziegelmotiv mit zahlreichen Mansardenfenstern und Kaminen präsentiert, von Fernsehantennen und Satellitenschüsseln keine Spur. Absolut bemerkenswert: die für Bern so typischen Laubengänge, die mit unglaublichen sechs Kilometern die längsten Europas sind. Entstanden sind die Arkaden wie der Großteil der Altstadtbebauung nach dem großen Stadtbrand von 1405, indem man sie unter angebauten Vorhäusern konstruierte und den Händlern so die Möglichkeit bot, bei jedem Wetter ihre Geschäfte zu betreiben.
So ist es auch heute fast kein Problem, bei Regen das Viertel der Länge nach trockenen Fußes zu durchstreifen – vom Bahnhof bis zur Aare begleiten Lauben die gerade Achse von Spital-, Markt-, Kram- und Gerechtigkeitsgasse. Hier kann man vor allem im oberen Bereich der Altstadt seine Franken in die Angebote von Warenhäusern und Juwelieren investieren, während im älteren Teil des Quartiers die Geschäfte, ebenso wie in den stilleren Nebengassen, individueller werden und auch Platz für Schneider oder Käsemacher lassen. Auffällig sind auch die vielen Kellerluken, die über schwere Türen in die Berner Unterwelt führen. „Früher waren das Vorratslager“, weiß Stadtführerin Hedy Tschumi. Doch inzwischen finden sich am Ende steiler Treppen Kino, Puppentheater, Bars, Sexshop, Friseur, Blumenladen oder gar das Reich einer traditionellen Thaimasseurin.
Entdeckungstour zwischen den Aareufern
Berns Altstadt kredenzt ihren Besuchern zahllose Hingucker. Wie die Rathausgasse mit ihren hübschen Fachwerkhäusern, Albert Einsteins Wohnhaus, wo ein Museum den Geist des Genies archiviert, die vielen Figurenbrunnen aus der Renaissance und nicht zuletzt das barocke Kornhaus, in dem einmal Getreide und Wein lagerten, während jetzt im herrlich bemalten Gewölbekeller Restaurantgäste Spezialitäten wie Chalbsläberli (Kalbsleber) mit Röschti aufgetischt bekommen. Unübersehbarer Publikumsmagnet zwischen Markt- und Kramgasse ist der Zytglogge. Immer zur vollen Stunde setzt sich im Innern des Zeitglockenturms seit Hunderten von Jahren eine Maschinerie aus Hebeln, Rädern und Seilzügen in Bewegung, um das Figurenspiel von Hahn, Bären, Narr und Chronos, dem griechischen Gott der Zeit, an der Fassade zum Leben zu erwecken.
Nur ein paar Schritte entfernt, abseits der umtriebigen Hauptachse, liegt das Münster, an dem fast 500 Jahre lang gebaut wurde. Wer den reichen Figurenschatz über dem Portal ausgiebig gewürdigt hat, wird schnell von der Münsterplattform an der Südseite des spätmittelalterlichen Kirchenbaus angezogen. Die Einheimischen nutzen diese Grünanlage gern zum Picknicken, Boulespielen oder einfach nur zum Verschnaufen. Gratis dazu der grandiose Blick vom „Balkon der Altstadt“ – auf die Aare in der Tiefe und die roten Dächer des Matte-Viertels, wo einst Gerber und Färber ihre Arbeit machten, auf die herrschaftlichen Rückseiten der Häuser aus der vornehmen Junkerngasse und ihre Gärten, die sich, bepflanzt mit Bäumen, Sträuchern, Stauden und sogar Gemüse, über Terrassen und Treppen bis zur Matte hinunterziehen und einen völlig unerwarteten Anblick bieten.
Informationen
Bärenpark
Die Bärenfamilie lebt ganzjährig im Park. Von Oktober bis März halten die Tiere in der Regel Winterruhe und ziehen sich in ihre Höhlen zurück. www.baerenpark-bern.ch
Unterkunft
Hotel Bellevue Palace: Der klassizistische Bau in der Kochergasse beherbergt Berns einziges Grandhotel, wo Luxus auf einhundertjährige Tradition trifft. www.bellevue-palace.ch
Belle Epoque: In der Gerechtigkeitsgasse und damit mitten in der Altstadt liegt das 4-Sterne-Hotel mit seinen originalen Jugendstilkunstwerken. www.belle-epoque.ch
Alpenblick: Die Gäste des Hotels in der Kasernenstraße erwarten komfortable Zimmer auf 3-Sterne-Niveau und eine kreative Restaurantküche. www.alpenblick-bern.ch
Essen und Trinken
Kornhauskeller, Kornhausplatz 18 (Reservierung empfohlen), Tel. +41 (0)31 3277272, www.kornhauskeller.ch
Infos
Bern Tourismus, Tel. +41 (0)31 3281212, www.bern.com
Text und Fotos: Sabine Mattern
Alle Angaben wurden von der Autorin nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt und von der Redaktion von Hayit Medien und Fernweh.de überprüft. Allerdings kann keine Gewähr oder Haftung für einen etwaigen Schaden übernommen werden.
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