Kröv an der Mosel

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Kröv an der Mosel

Ein Dorf wie aus dem Bilderbuch

Zwischen Hunsrück und Eifel mäandert die Mosel durch ein genussreiches Weinkulturland, ihre Ufer begleitet von zauberhaften Orten. Einer davon ist Kröv, das zum Bummeln, Wandern und zur Weinprobe einlädt.

Als hätte der Fluss tief unten im Tal, wie er mit seinen akrobatischen Künsten die Schiffer in Atem hält, es vorgemacht, windet sich die Straße hinter den letzten Häusern von Kröv in Serpentinen bergan. Meter für Meter müht sich das graue Band des Asphalts die Weinberge hinauf. Vorbei an Krövs Bergkapelle, die verlassen auf ihrer Anhöhe thront. Es ist nur ein unscheinbares Kirchlein, hell verputzt, mit schwarzem Dach, der Straßenseite drei schmale, von gotischem Maßwerk eingefasste Fenster zugewandt – gebaut im langsam ausklingenden 19. Jahrhundert, in späteren Jahren umgestaltet und liebevoll umsorgt von den Kröver „Kapellenfrauen“. Für Gotteslohn.

Wer weiß, ob die verträumte Kapelle so vielen Wanderern den beschwerlichen Anstieg wert wäre. Böte sich ihnen von hier oben nicht eine sensationelle Aussicht auf einen traumschönen Abschnitt der Mittelmosel, die sich zwischen den Gebirgszügen von Hunsrück und Eifel über vielerlei „Umwege“ ihren Weg erkämpft. Breit und träge taucht der Fluss vor steilen Hängen auf, gibt eine grandiose Vorstellung, indem er einige beeindruckende Schleifen in der Landschaft hinterlässt, bevor er sich wieder dem Blickfeld seiner Bewunderer entzieht. Dieses einmalige, von der Sonne verwöhnte Weinkulturland versinkt in Grün. Die Mosel ebenso wie die wuchtigen, ineinander kriechenden Bergrücken, die sich – bewachsen von Reben und Wald – mal waghalsiger, mal sanfter zum Wasser hinunterneigen. Ein wenig entfernt schmiegt sich Rheinland-Pfalz’ bekannter Weinort Traben-Trarbach in eine Umarmung des Flusses. Deutlich näher zieht sich Kröv selbst als Mosaik aus Dächern und Fassaden von der Moselpromenade bis in die Weinberge hinein, wo Wege in blassen Linien die Anbauflächen zerteilen.

Die Straße vor der Kapelle bringt diejenigen, die den Fußweg gescheut haben und mit dem Auto gekommen sind, zurück in Krövs malerisches Zentrum, wo klösterliche wie adlige Weinhöfe das Ortsbild verschönern und alle Nase lang ein Hinweisschild Unterkünfte für Feriengäste bewirbt. Am Europabrunnen, dessen Plätschern eine kurze Pause auf baumbeschatteten Bänken begleitet, lässt sich gut nachdenken, wie es weitergeht. Und schnell fällt da die Entscheidung, der Robert-Schuman-Straße, die das Dorf auf vielen Metern wie eine Lebensader durchfließt, in Richtung ihrer größer werdenden Hausnummern zu folgen.

An der Nr. 208 markieren zwei in die Jahre gekommene Sandsteinpfeiler einen kopfsteingepflasterten Weg, der vor der Tür eines der ältesten Weingüter Deutschlands endet: dem Staffelter Hof. „Im Jahr 862 schenkte König Lothar II., ein Urenkel Karls des Großen, den Hof der Abtei Stavelot“, weiß Jan Matthias Klein, der in siebter Generation die Geschicke des Familienunternehmens lenkt. Danach sei er fast 950 Jahre im Besitz des belgischen Klosters geblieben. Bis zur Säkularisation durch Napoleon. Klein: „Der letzte Verwalter des Guts, unser Vorfahre Peter Schneiders, erwarb den Hof 1805 vom französischen Staat.“

Heute sind es 13 Hektar Land, die die Winzerfamilie Klein nach ökologischen Richtlinien und in schonendem Ausbau bewirtschaftet. Vor allem Riesling gedeiht in ihren Kröver Spitzenlagen von Steffensberg, Letterlay und Paradies. Aber auch Müller-Thurgau, neue pilzwiderstandsfähige Sorten wie Muscaris oder Sauvignac und ein kleiner Rotweinanteil finden sich in den 100.000 Flaschen wieder, die der Betrieb jährlich produziert. Ob einem dabei ein leichter fruchtbetonter Motivwein besser schmeckt als ein exklusiverer, in Steillagen wachsender Wappenwein, der mit viel Aufwand gepflegt und von Hand geerntet wird, oder vielleicht doch eher ein purer ungefilterter Naturwein die persönliche Hitliste anführt, das lässt sich gleich vor Ort herausfinden. Bei einem Gläschen oder gar einer Weinprobe. Im wundervoll mediterranen Ambiente des Innenhofs, wo Besucher zwischen Oleander und Bananenstauden, Zitronen-, Feigen- und Olivenbäumchen vor dem gelben Haus mit den grünen Fensterläden an einladenden Tischen Platz nehmen.

Der Staffelter Hof mag vielleicht die romantischste Adresse sein, um den Wein eines Kröver Winzers zu probieren. Die einzige ist sie ganz sicher nicht. Zurück am Europabrunnen, bewegt sich die Robert-Schuman-Straße verkehrsberuhigt ihrem Anfang entgegen. Hier und in einigen Seitenstraßen spielt dabei rund um Rathaus und Pfarrkirche ein Großteil des touristischen Lebens. Urlauber und Tagesausflügler sind mit Fahrrädern, in Wanderschuhen oder gänzlich ohne sportive Ambitionen unterwegs. Immer geneigt, in den urigen Straußwirtschaften der Winzer, die während der Saison für ein paar Monate ihre Höfe, Gärten, Keller, Scheunen und Stuben öffnen, auf ein Glas Riesling, Rivaner oder Weißburgunder einzukehren. Wobei sich auf manchem Flaschenetikett der werbewirksame Aufdruck „Nacktarsch“ findet, der als alte Lagebezeichnung in der Gemarkung Kröv schon seit Langem eine erfolgreiche Vermarktung propagiert und heute Name einer Großlage ist, zu der alle Weinberge Krövs gehören.

Um mehr über An- und Ausbau dieses weltbekannten Tropfens mit dem derben Namen zu erfahren, eignet sich nichts besser als eine kleine Wanderung über den Weinkulturweg, der mitten durch die Reben führt. Am Hof der Grauen Schwestern, einst als Weinhof im Besitz des Trierer Klosters St. Nikolaus und noch immer ein prachtvoller Bau im moseltypischen Fachwerkstil, verlässt die Ehrenmalstraße im stetigen Bergan den Ort, um einen wenige Schritte später an der Grabkapelle Kesselstatt abzusetzen. Dort, wo einmal die alte St. Remigiuskirche die Kröver zum Gebet rief, bevor sie abgerissen wurde und – größer diesmal – als äußerlich einfacher Saalbau mit barockem Bogenportal und gotisierendem Innenleben in der Ortsmitte wieder auferstand.

Der hübsche Kapellenbau aus den 1720er Jahren, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Bergkapelle weit oben in der Höhe hat, ist nicht nur ein geschichtsträchtiges Stück Dorfarchitektur, sondern auch Anfang und Ende des knapp zwei Kilometer langen Weinlehrpfads. Ein Traubensymbol hält die Spaziergänger auf Kurs, auf dem es allerhand zu lernen gibt: über die Geschichte Krövs, die mit einer keltischen Fliehburg fast 500 Jahre vor Christi Geburt ihren Anfang nahm, über die heutige Arbeit der Weinbauern, die im Januar mit dem Rebschnitt beginnt und im September/Oktober mit der Lese längst noch nicht beendet ist, über Kellertechnik, Rebsorten, Qualitätsstufen des Moselweins und vieles mehr. Von Schautafel zu Schautafel bewegt man sich kommod durch ein Meer aus Rebstöcken, die in abgezirkelten Reihen über die Hänge klettern. Und in denen unübersehbar ein Schriftzug aus 16 riesigen weißen Buchstaben prangt: KRÖVER NACKTARSCH. Ein bisschen wie in Hollywood.

Immer wieder wandert unser Blick von diesem Logenplatz über das filmreife Auf und Ab der Landschaft, in der die Römer schon vor 2000 Jahren Wein anbauten. Und hinunter zur Mosel, auf der Schiffe, beladen mit Frachtgut oder Ausflüglern, klein wie Streichholzschachteln ganz lautlos übers Wasser gleiten.

Text und Fotos: Sabine Mattern

Informationen

Unterkunft
z.B. Riesling Quartier: kleines familiengeführtes Hotel Garni, modern und komfortabel, in moseltypischer Architektur. www.rieslingquartier.de

Weingut Staffelter Hof
Ansprechpartner: Jan Matthias Klein; Weinprobe nach Anmeldung, Tel. 06541-3708; Öffnungszeiten unter www.staffelter-hof.de

Straußenwirtschaften
Ob man auf der Terrasse vom Weingut Hahn zum karibischen Weincocktail „Nacktarsch Caipi“ den Blick auf die Mosel genießt (www.weingut-hahn-kroev.com) oder sich im urigen Gewölbekeller vom „Spundloch“ bei grüner Erbsensuppe fürs Wandern stärkt (www.steinfelderhof.de) – Kröv bietet etliche Gelegenheiten zur Einkehr beim Winzer.

Weitere Infos
www.kroev.de
www.visitmosel.de

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