Von Istanbul ans Schwarze Meer
Tagebucheintrag vom 11. Mai 2007
Fahrtwind und Freiheit
Wir fahren über die Bosporus-Brücke. Mich überkommt ein Gefühl von Freiheit, Weite und Aufbruchstimmung. Mein MP3-Gerät spielt das Lied „Hotel California“. Genau so stelle ich es mir vor, über die Golden-Gate-Brücke nach San Francisco einzufahren. Die Bauwerke haben auch eine gewisse Ähnlichkeit.
Good bye Istanbul
Für uns heißt es nun Abschied nehmen von Europa. Das fällt mir leicht, denn die Unterkunft der letzten drei Tage war nicht gerade die Beste. Wir lagen wie die Sardinien auf engstem Raum mit drei Personen auf 15 Quadratmetern zusammengepfercht. Außerdem ist Istanbul eine sehr hektische und laute Stadt. Keine Chance abzuschalten und zu sich erholen. Daher freue ich mich auf die kleinen Ortschaften am Schwarzen Meer.
Erste Schwierigkeiten
Auf der Fahrt dorthin verlieren Theo und ich uns auf der Autobahn. An einer Tankstelle versuche ich ihn zu erreichen. Mein Handy ist leider noch nicht auf Auslandsbetrieb eingestellt – Das klappt also nicht. Was machen?
Da kommt mir ein türkischer Germanistik-Professor zu Hilfe, der fehlerfreies Deutsch spricht. Ich darf sein Mobiltelefon benutzen, und so finden Theo und ich wieder zusammen. Bei der Abfahrt lobe ich einen Kaffee aus, wenn wir uns das nächste Mal sehen. Denn man trifft sich für gewöhnlich zweimal im Leben.
Die Welt ist ein Dorf
Unser zweites Zusammentreffen lässt nicht lange auf sich warten. Schon eine Stunde später kreuzen sich unsere Wege auf der nächsten Raststätte. Ich gebe ihm den versprochenen Kaffee aus, und er versorgt uns mit Insider-Tipps. Daraufhin verbringen wir die Nacht in Safranbolu – das türkische Rotenburg. Hier gibt es viele alte Holzhäuser. Und man kann den Handwerkern beim Schmieden von Teekannen über die Schulter schauen. Ich fühle mich ein wenig wie im Mittelalter.
Frisieren kann man nicht nur Motorräder
Wir nächtigen in einer 400 Jahre alten Karawanserei. Das Gebäude strahlt mit seinen dicken Mauern Ruhe aus, die sich auf mich überträgt. Wo früher die Kamele standen, parken jetzt unsere Motorräder. Am Abend für mich geht ein lang gehegter Traum in Erfüllung: ein Besuch bei einem orientalischen Barbier! Ich finde es erstaunlich, mit welcher Mühe er mein Haar frisiert und zweimal nacheinander meinen Bart rasiert. Das ist hier noch echtes Handwerk, nicht so eine Massenabfertigung wie vielerorts in Deutschland.
Küstencruiser
Später erfreuen wir uns an der kurvenreichen Strecke durch die Berge nach Sinop. Dann erreichen wir schließlich das Schwarze Meer. Das Wasser ist glasklar, aber noch entschieden zu kalt zum Baden. Achthundert Kilometer werden wir jetzt der Küstenstraße folgen, bevor wir nach Georgien einreisen.