Durch den Kaukasus

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Durch den Kaukasus

Tagebucheintrag vom 16. Mai 2007

Georgische Zollwirren
Die Einreise nach Georgien gestaltet sich schwierig. Wir werden an der Grenze fünf Stunden aufgehalten. Ich habe den Eindruck, dass die Zöllner nicht wissen, was sie tun. Zuerst schließen wir eine Versicherung ab, welche im Anschluss wieder von  der Zöllnerin storniert wird. Sie wollte keinen Versicherungsnachweis, sondern eine Zollgarantieerklärung. Als wir diese haben, bekommen wir endlich einen Stempel in den Pass gedrückt. Genervt ziehen wir weiter, froh, die Grenzkontrollanlage verlassen zu können. Unser ursprüngliches Tagesziel ist in weite Ferne gerückt. Wir müssen in Batumi ein Quartier suchen und finden es bei Ömer, einem freundlichen Türken und „Businessman“, wie er sich mit Stolz bezeichnet. Großzügig bietet er uns noch ein Plätzchen in seiner Wohnung an, das wir gerne annehmen.

Die erste Herausforderung
Am nächsten Morgen geht es voller Tatendrang in Richtung russische Grenze. Für mich beginnt die Reise erst jetzt so richtig. Wir wollen heute tief in den Kaukasus vordringen, wo uns garantiert schlechte Straßen erwarten. Darauf freue ich mich schon lange. Theo, bisher Fahrer reiner Strassenmaschinen, steht dem Ganzen noch ein wenig skeptisch gegenüber. Die Garantie wird eingelöst. Die Strecke ist mit Schlaglöchern, Schotter und Sand übersät. Unsere Bridgestone Reifen haben richtig zu kämpfen. Sie halten tapfer und ohne jeglichen Schaden die gesamten 300 Kilometer unserer ersten „Teststrecke“ durch.

Wilde Berge
Die Landschaft ist einmalig schön. Die schneebedeckten Berge thronen im Hintergrund, darunter der Elbrus, mit seinen 5633 Metern der höchste Berg in Europa! Unzählige Wasserfälle drängen die Berge hinab. Neben uns sucht sich der wilde Fluss Inguri seinen Weg, bevor er in einen großen Stausee mündet. Der Fluss bildet die Grenze zu Abchasien, das seine politische Unabhängigkeit von Georgien anstrebt. Manchmal ist mir schon ein wenig mulmig. Auf der anderen Flussseite könnte ein Freiheitskämpfer lauern.

Zu Besuch bei Matuschka
Wir erreichen das verschlafene Dorf Mestia. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Häuser besitzen kleine Wehrtürme. Das Heu wird noch mit dem Ochsengespann eingebracht. Besonders faszinieren mich die Gesichter dieser Menschen. Sie scheinen jedes eine andere bewegte Geschichte zu erzählen. Ich kann gar nicht mehr aufhören mit Fotografieren. Eine Übernachtungsmöglichkeit finden wir bei Matuschka. Sie umsorgt uns wie Könige. Ich genieße die Fürsorge sehr, denn in meinen Knochen stecken sieben Stunden Schotterstraße. Am nächsten Morgen kommen wir irgendwie nicht so richtig in Schwung. Die Küche von Matuschka ist schön warm, und sie serviert ein exzellentes Frühstück. Wenn wir könnten, würden wir noch länger bleiben. Doch wir haben einen Termin in Tiflis.

Schusswechsel
Auf der Rückfahrt höre ich plötzlich Schüsse. Jetzt sind wir mitten im Bürgerkrieg, schießt es mir durch den Kopf. In einer Kurve sehe ich Soldaten mit Kalaschnikows auf etwas schießen. Sollte ich besser in Deckung gehen? Ich nähere mich vorsichtig. Glück gehabt: Es sind nur Übungen für den Ernstfall. Die Gelegenheit will ich nutzen und auch mal mit scharfer Munition schießen. Schon habe ich ein Gewehr in der Hand. Doch nach zwei Schüssen habe ich genug. Es ist einfach zu laut. Wir setzen unsere Reise nach Tiflis „ohne weitere Zwischenfälle“ fort.

 

 

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