Der Karneval von Putignano ist der älteste in ganz Italien. Seit 1394 verwandeln sich in dem kleinen Städtchen heilige in profane Gesänge und stille Gassen in eine verdrehte Welt, angefüllt mit überschäumender Lebensfreude und ausgelassenem Treiben. Das apulische Narrentreiben beginnt am 26. Dezember im mittelalterlichen Stadtkern von Putignano mit dem „rito delle propaggini“, satirischen Stehgreifdarbietungen unter freiem Himmel. Am 4., 11., 18. und 20. Februar folgen farbenreiche Umzüge mit herrlich geschmückten Maskenwagen aus Pappmaché. Von maskierten Fußtruppen begleitet, nehmen die fantastischen Karren italienische Politiker aufs Korn und kommentieren wichtige Ereignisse des Jahres.
Raus aus dem Alltag – Rein ins bunte Treiben
Der Karneval in Putignano blickt auf eine lange Geschichte zurück. Sein Ursprung liegt im tiefsten Mittelalter. Am Morgen des 26. Dezember 1394 wurden die Reliquien des Heiligen Stefans zum Schutz vor türkischen Einfällen in einer Prozession von Monopoli ins sichere Putignano gebracht. Bauern begleiteten die Prozession und stimmten religiöse Lieder an. Urplötzlich verwandelten sich die heiligen in profane Gesänge, und aus den christlichen Versen wurden Lieder und Reime, die – im Dialekt vorgetragen – die Mächtigen verhöhnten. Sechs Jahrhunderte später folgt man in Putignano noch immer dieser Traditon.
Fest des Bären
Ein weiteres Karneval-Highlight ist das Fest des Bären, das am 2. Februar gefeiert wird. Ein verkleideter Handwerker läuft mit einem angeleinten Bären durch Putignano, spielt den ganzen Tag Streiche und ist auch selbst das Opfer vieler Neckereien. Dieser Tag ist für die Apulier ein meteorologisches Orakel: Bei schönem Wetter kann sich der Bär zur Nahrungssuche begeben, neue Vorräte anlegen und wieder in seinen Winterschlaf verfallen, da der Winter noch lange andauern wird. Schlechtes Wetter dagegen deutet auf einen kurzen Winter hin.
Die letzte Ölung
Die Hauptfigur des Karnevals in Putignano ist „Farinella“. Farinella gelang es, Frieden zwischen einem Hund und einer Katze, den Symbolen der Einwohner von Putignano, zu stiften. Ihren Namen verdankt sie einer apulischen Armenspeise, einem Brei aus Kichererbsen und Gerste, der bis heute auf dem Stiefelabsatz gegessen wird. Am Faschingsmontag erhält Farinella wie alle Einwohner von Putignano die letzte Ölung. Als Priester Verkleidete „weihen“ die Passanten mit einem kleinen Besen, der in ein Miniaturklosett getaucht wird und verkünden so den Tod des Karnevals. Zur gleichen Zeit läutet die Glocke einer nahe gelegenen Kirche 365mal: damit werden die Gläubigen daran erinnert, dass die Zeit der Narrereien vorbei ist und die Fastenzeit naht. Am Faschingsdienstag wird Farinella nach einem lustigen Trauerzug verbrannt. Es folgen Tage der Meditation und Enthaltsamkeit. Aber bis dahin sollte man sich ruhig ein bisschen austoben!
Wer beim bunten Treiben live dabei sein möchte, findet mit der Masseria Serritella in Castellana Grotte, einem kleinen Städtchen nur wenige Kilometer von Putignano entfernt, eine schöne Unterkunft.